Random Babbelei: Die Seelenretter (1) - Christliches Guerilla-Marketing

Mit leichtem Sonnenstich und dem relativ großen Vergnügen soeben The Prodigy, Die Toten Hosen und Metallica live gesehen zu haben, verließ ich neulich den Hockenheimring. Mir stand eine nervige Zugfahrt mitten in der Nacht bevor und ich hatte nix zu lesen dabei. Da griff ich doch fröhlich zu, als mir seltsame Leute ein Buch anboten. Hätte mich gleich wundern sollen, dass weder auf das auf mein schnippisch gemeintes "Is das ne Bibel, oder was?" noch auf Ralphs "Ne ne, der Wachturm!" eine Reaktion folgte...

Ich dachte wegen des Designs des Buches eigentlich, dass es sich um irgendeine Promoaktion im Zusammenhang mit "Rock am Ring" handeln würde. Natürlich machte weder der Zeitpunkt (Festival grad gelaufen) noch der Ort (falscher Ring) Sinn, aber wie gesagt Sonnenstich. Als ich dann las, was wirklich auf dem Cover stand, kam mir schon eine erste böse Vermutung.

Okay, offensichtlich also ein Buch über tote Musiker. Gratis? Kann doch nicht mit rechten Dingen zugehen. "Soulsaver" als Verlag klingt auch komisch. Was sagt denn der Klappentext?
"Im Rock-Business liegen Freude und Verzweiflung nahe beieinander. 'Rock im Sarg' enthält Kurzbiografien legendärer Musiker, von denen die meisten leider sehr früh gestorben sind. Jeder Mensch trägt Sehnsüchte und den Wunsch nach erfülltem Leben in sich. Die Stars haben diese Suche viel intensiver und konsequenter ausgelebt und alles daran gesetzt, jeden Moment auszukosten Deshalb kann man anhand ihrer Geschichten viel über das Leben, das Sterben, über uns selbst und über Gott lernen. Bei Jesus kann die rastlose Suche nach erfülltem Leben ein befreiendes Ende finden."
Ja, da war es. Erst in den letzten zwei Sätzen lassen die "Soulsaver" die Katze aus dem Sack, als ob es ihnen peinlich wäre und sie ihre wahre Intention verbergen müssten: Sie wollen mich bekehren! Warum glauben manche Leute immer wieder, ich hätte Bock mich in ihren Glauben mit hineinziehen zu lassen? Und irgendwie scheinen diese Fanatiker, wie gesagt, ja selbst von ihrer Sache überzeugt zu sein, wenn man sich hier (zugegebenermaßen recht unbeholfen) manipulativer Marketingmaßnahmen bedient.

Wem jetzt das eben genannte Wort "Fanatiker" sauer aufstößt: Ich bin keineswegs der Meinung, das alle gläubigen Menschen Fanatiker sind. Ich respektiere das Christentum und eigentlich auch jede andere Religion. Was ich nicht respektiere sind Möchtegern-Christen wie diese, die aus dem tragischen Tod von Pantera-Gitarrist Dimebag Darrell solche Grütze produzieren:
"So war Dimebag eine herzensgute, ehrliche, aufrichtige, mitfühlende und freigiebige Person... verglichen mit seinen Roadies und Bandkollegen. [...] Aber Gottes Messlatte liegt höher. [...] Die Bibel sagt, dass jeder schon durchgefallen ist. Es ist längst zu spät. In der Hinsicht ist der Religiöse dem Metal-Rebell gleich. Was bringt da überhaupt noch jegliches religiöses Bemühen? Nichts. Denn das Ticket in den Himmel bekommst du nicht durch Einhalten von bestimmten Regeln, einengenden Vorgaben oder Gut-Sein. Sondern dadurch, dass du persönlich für dich zu Jesus Christus, dem Sohn Gottes, umkehrst und an ihn glaubst. Gott verlang nicht von dir, an das Christentum zu glauben. Aber er verlangt, an Christus als deinen Herrn zu glauben."
Umkehrschluss: Glaube ich an Jesus, kann ich machen was ich will. Ist das allen ernstes Christentum? Klingt für mich nach gefährlichem Sektengeschwafel. Aber es geht noch schlimmer, wie ihr bald in Teil 2 dieser kleinen Reihe sehen werdet.

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