Hingesehen: Brüno

USA/UK 2009 | Regie: Larry Charles | Darsteller: Sascha Baron Cohen als Brüno, Gustaf Hammarsten als Lutz, Clifford Banagale als Diesel, Michelle McLaren als Dominatrix sowie Bono, Sting, Elton John, Chris Martin, Snoop Dogg und Slash

Story
Brüno ist mit seiner TV-Show "Funkyzeit mit Brüno" der Star der Fashionszene in Österreich, bis es zu einem Skandal auf der Mailänder Modemesse kommt. Es folgt der Abstieg: Seine Show wird abgesetzt und zu allem Überfluss verlässt ihn auch noch sein Pygmäen-Lover Diesel. Nur noch Lutz, Assistent von Brünos Assistent, hält zu ihm. Brüno wäre allerdings nicht Brüno, wenn er sich nicht wieder aufrappeln würde und das stinkende Loch namens Europa hinter sich zu lassen. Kaum aus dem Flieger in den USA gestiegen, hat er sein Ziel schon vor Augen. Brüno will der größter österreichische Superstar seit Adolf Hitler werden! Und dazu ist ihm jedes Mittel recht...

Was war gut?
Junger Vater, Sascha Baron Cohen kennt wirklich keinen Schmerz. Es ist wirklich beeindruckend, mit welchem Einsatz er hier versucht der Oberflächlichkeit von Hollywood und den Schwulen-Ressentiments in den USA auf die Spur zu gehen. Er lässt sich das Rektum enthaaren, versucht sich von der Hamas entführen zu lassen und begibt sich in die schmierige Atmosphäre eines Swingertreffens. Dabei schafft er es wirklich krasse Reaktionen hervorzurufen, etwa wenn er bei einem Kindercasting fragt, ob es okay wäre, wenn die vielleicht 2 Jahre alten Kinder mit brennendem Phosphor oder Hummeln in Berührung kommen. Die Mütter darauf: "Ja, klar!"

Zum Schießen sind die Fiction-Passagen, in denen sich Brüno und Lutz sich in ihrer Landessprache unterhalten. An dieser Stelle die Empfehlung: Unbedingt im Originalton anschauen. Denn wenn ein Engländer und ein Schwede versuchen "deutsch" zu sprechen, dann kommt garantiert nichts Duden-konformes heraus.

Was war schlecht?
Okay, das Konzept an sich war eben schon durch Borat abgefrühstückt und ist nur noch bedingt originell. Umso größer schien hier der Drang zu sein, das alles noch krasser sein muss. Und so waren einige Szenen schon hart an der Grenze des Erträglichen, bspw. das ausgiebige Liebesspiel von Brüno und seinem Love (inkl. Fuckmachine) oder die semipornografischen Szenen bei der Swinger-Party. Man darf aber nie vergessen: Auch mit dem übertrieben tuntigen Gehabe von Brüno sollen Schwule nicht etwa vorgeführt werden, vielmehr soll man zum Nachdenken angeregt werden, weil auch "tolerante" Menschen immer noch genügend Vorurteile haben.

Ergo?
Sexuell gefestigte Menschen können sich auf eine Menge Spaß einstellen.

Hingesehen: MC Fit Allstars - FC Bayern München

Bei diesem Thema muss halt jemand ran, der sich im Fußball auskennt, eine richtige Expertin eben - weshalb ich dieses Mal einen Gastbeitrag für den guten Tsuji schreibe.


Es geht um das wohl wichtigste Spiel des Jahres:

McFit Allstars vs. FC Bayern München.

Die MCFit Allstars, das sind Fußball-Talente wie Toto und Harry, Elton und Johannes B. Kerner, angeführt von Oliver Pocher, trainiert von keinem geringeren als Werner Loranth und gemanaged vom Überboss Rainer 'Calli' Calmund. Sie hatten nur ein Ziel: die übermächtigen Bayern zu besiegen. Und das alles für den guten Zweck, natürlich.

Wer schon einmal die Casting-Show "Pochers Sportfreunde", die quasi der Vorläufer der Geschichte war, gesehen hatte, der freute sich auf ein unglaublich lustiges, nicht ganz so ernstes Spiel.

Was man aber sah, war eine Enttäuschung. Aus irgendeinem mir unerfindlichen Grund, nahmen die Bayern die Partie tatsächlich ernst. Vor allem die Stars unter ihnen wie z.B. Miro Klose schienen unglaublich mies drauf zu sein und freuten sich nicht mal ansatzweise über ihre Tore.

Dazu kam, dass die Allstars ganze 40 Minuten und 5 Gegentore brauchten um einigermaßen ins Spiel zu kommen. Einzig der Torwart Stefan Wessels war weltklasse. Ohne ihn hätte man das Spiel eigentlich komplett abblasen können, denn die Abwehr war quasi nicht existent.

Die Spaß-Rettung kam dann doch noch in Form von Oliver Pocher, der sich als Mark van Bommel (der unbedingt für die Allstars spielen will) verkleidet auf das Spielfeld schlich und die Bayern-Stars anpöbelte. Luca Toni alias Matze Knop bemühte sich redlich, dem ganzen Spiel ein bißchen Leben einzuhauchen. Und Kahn, der Titan, sorgte auch für einige Lacher. Aber auch hier war bei den Lederhosen kein Platz für Humor. Vielleicht hätte es ja geholfen Robert Hoyzer (bekannt durch den Korruptionsskandal) als Schiri einzusetzen. Dann hätte man vielleicht auch ein Wembley-Tor geschossen. So gab es nur nen Elfer für die Bayern als es schon längst 12:0 stand.

Fazit: Das Spiel hätte ein unglaublich lustiger Knüller werden können. Aber die Münchner haben mal wieder bewiesen, dass sie absolute Spaßbremsen sind, die auch in einem Schwachsinns-Spiel wie diesem unbedingt ihre Hoheit im deutschen Fußball beweisen müssen. Nicht mal ein Tor gabs geschenkt. 13:0!!Wie immer also: arrogante Münchener.

Eines lässt sich aber doch aus diesem Spiel mitnehmen: Stefan Wessels ist ein wirklich guter Torhüter und hat seit diesem Spiel mindestens einen Fan mehr. Wessels for VfB Stuttgart!!!

Bild: (c) dpa

Random Babbelei: Es kommt Bewegung in die ARD...

Der Eurovision Song Contest ödet mich ja eigentlich schon seit Jahren an, mit seiner Mischung aus angeblichen Ostverschwörungen, gruseliger Mallorca-Bummsmucke und Thomas Herrmans. Diese Nachricht finde ich trotzdem spannend:

"Jetzt also doch: Stefan Raab soll dem schwächelnden Eurovision Song Contest im kommenden Jahr auf die Sprünge helfen und der ARD bei der Suche nach einem deutschen Teilnehmer helfen."
[via Spiegel Online]

Das ist doch mal eine kleine Sensation: Das öffentlich-rechtliche Fernsehen sieht ein, dass ihm die nötigen Kompetenzen fehlen, um so ein Event zu stemmen. Warum also nicht mit Stefan Raab und damit dem Privatfernsehen zusammenarbeiten? Mit der Konkurrenzveranstaltung Bundesvision Song Contest hat ProSieben ja schließlich gezeigt, das auch qualitativ hochwertige Musik in allen Klangfarben einen Platz im Fernsehen hat. Sieht doch mal nach einem Fall aus, in dem wirklich die oft beschworenen "Synergien" entstehen könnten.

Könnte doch ein Modell für die Zukunft sein: Die ARD unterstützt die Privaten bei der Erstellung von erträglichen Unterhaltungsprogramm und kann sich so mehr auf die eigenen Stärken besinnen. Dies widerspricht in keinster Weise dem eigentlichen Programmauftrag, denn Unterhaltung steht genauso wie die Versorgung aller Bevölkerungsschichten (also auch der Unterschicht!) im Rundfunkstaatsvertrag.

Wie man es richtig macht, zeigt auch derzeit der SWR. Intendant Peter Boudgoust hat jüngst in einer Pressemeldung versprochen, den Sender strategisch neu auszurichten und somit alle Zielgruppen zu erreichen. Auch hier gibt es erste Erfolge. Erstaunlich wie effektiv ein einfaches Konzept wie "Die Welt auf Schwäbisch" sein kann: Sie erreicht eine breite Zielgruppe, ist unterhaltsam wie clever und erfüllt sogar die Regionalitätsansprüche aus dem SWR-Staatsvertrag. Wenn jetzt noch gesellschaftlich relevante Formate für uns Digital Natives entwickelt werden, lohnt es sich auch wieder Gebühr zu zahlen.

Bild: (c) Dirk Krüll / Laif

Hingesehen: Pochers Sportfreunde

Ohne zuviel verraten zu wollen: Nach den in der Sparte "Was war gut?" eher spärlich bestückten letzten Beiträgen nun ein positiverer Vertreter des Unterschichten-TV.


Konzept
Kurz zum Hintergrund der Sendung: Letzten Dezember hat die Fitnesskette "McFit" bei der ZDF-Show "Ein Herz für Kinder" für eine Million Euro ein Freundschaftsspiel gegen den Verein, dessen Namen man nicht nennt (der, an den Mario Gomez seine Seele verkauft hat), ersteigert. Wie immer der Kontakt zustande kam: Das Ganze wird jetzt als Sat.1-Serie unter der Leitung Schmalspur-Komiker Oliver Pocher verwurstet. Zusammen mit seinem "Kompetenzteam" Werner Lorant und dem unvermeidlichen Calli versucht er also in mehreren Casting-Episoden das perfekte Allstar-Team (abgehalfterte Ex-Profis und die übliche Garde an C-Promis) zu finden, um dann in einem Live-Spiel haushoch zu gewinnen.

Was war gut?
Die Castings laufen eigentlich so ab: Einige Vollpfosten stellen sich auf den Platz und werden in Kategorien wie "Theatralisches Hinfallen" oder "Torjubel" getestet, dabei fabrizieren die Kandidaten so viel Schwachsinn wie möglich. Dabei werden sie vom Kompetenzteam mit gespieltem Ernst bewertet. Das ist eine großartige Persiflage auf andere Castingshows à la "Topmodel" oder "Popstars" und macht bei gut aufgelegten Kandidaten auch noch richtig Laune. Wenn der MTV-Patrice mit irrem Grinsen die Eckfahne entführt oder Guido Cantz zum beleidgten F-Jugend-Kicker ("Der Ball ist doch schwul!") mutiert. Mit Lorant, und Calli sind noch einige Sprücheklopfer par excellence dabei.

Was war schlecht?
Seine lange humor- und fruchtlose Karriere in der ARD ist endlich vorbei, Oliver Pocher ist endlich wieder in seinem natürlichen Umfeld: dem Privatfernsehen. Lustiger ist er dadurch auch nicht geworden. Klar, seine Lausbuben-Sprüche lösen das ein oder andere Schmunzeln aus, über seine Rolle als Stichwortgeber, die er auch bei Harald Schmidt hatte, kommt er auch hier nicht hinaus. Auch seine mäßig amüsanten Fußballer-Parodien hätten ruhig in der Mottenkiste beim WDR bleiben können.

Ergo?
Nächsten Samstagabend um kurz nach zehn ruhig mal anschauen.

Bild: (c) Stefan Schütze / Sat.1

Hingesehen: Deutschlands schrecklichste...

Konzept:

Giovanni Zarrella (hatte vor gefühlten 20 Jahren nen paar "Hits" mit der Popstars-Retortenband Bro'Sis) führt vier Laienschauspieler vor, die so tun, als seien sie in in Disziplien wie "Autofahren" oder "Kochen" komplett talentlos. Eine Jury aus angeblichen Fachexperten soll dann herausfinden, wer von den vieren die größte Lusche ist. Die vier Kandidaten müssen das ganze aber auch nicht alleine durchstehen, ihnen stehen noch ein paar Coachs zur Seite, die genauso gesichtslos sind, wie der ganze Rest vom Schützenfest.

Was war gut?
Der Schwachsinn hat ziemlich miese Quoten.

Was war schlecht?
Also wirklich, zu keiner Sekunde (okay, waren nicht viele, da ich recht schnell wegzappte, da ich Angst vor akutem Hirnschwund hatte) konnte ich glauben, dass die Kandidaten auch nur annähernd so dumm sind, wie es die Sendung vorgab. Selbst wenn das Gegenteil der Fall wäre, würden die halbwegs ansprechbar wirkenden Freunde und Verwandte wohl alles daran setzen, dass keine Fernsehkamereas auf die armen Schweine gerichtet werden würde. Die "schrecklichsten Autofahrer" beispielsweise wären schon längst hinter Schloss und Riegel, wenn sie wirklich auf diese Art am Straßenverkehr teilnehmen würden.

Wie schon erwähnt sind alle Protagonisten farblos wie 20 Stunden gekochter Spinat. Auch Giovanni bleibt bleich wie ein (Mo)Zarrella und geht angesichts des plakativen Sendungstitels viel zu schmusig mit den Kandidaten um. Der Off-Sprecher soll wohl etwas Pfeffer in die Sache bringen, aber versagt auf ganzer Linie. Soll alles eine witzige Doku-Soap sein, da allerdings alle witzig gemeinten Szenen offensichtlich gestellt sind, kommt dabei eher eine Show vom Kaliber der Freitags-Comedy auf Sat.1 heraus.

Ergo?
Heißer Kandidat für "Deutschlands schrecklichste Fernsehsendung".

Bild: (c) Chris Ruegge / ProSieben

Random Babbelei: Die Seelenretter (2) - Metalfan Holger

Nachdem ich mich über das Grundkonzept des Buchs "Rock im Sarg" im ersten Teil genug ausgelassen habe, komme ich jetzt zu meinem absoluten Lieblingskapitel: Dem Erfahrungsbericht eines geläuterten Metalfans, der im zarten Alter von 13 in Kontakt mit der verwerflichen Rockmusik kam. Aber erteilen wir ihm doch kurz selbst das Wort.
"Mein Lieblingssound war melodischer Speed Metal [...]. Hier ein paar Namen meiner damaligen Götter: AC/DC, Black Sabbath, Bon Jovi, Blind Guardian, Deep Purple, Demon, Gamma Ray, Guns'n'Roses [sic], [...], Manowar, Metallica, Megadeth, Mercyfull [sic] Fate [...]"
Ui, der Holger war ja ganz ein böser. Diese Speed Metal-Band Bon Jovi ist ja sogar mir zu hart!
"Äußerlich war ich eigentlch nicht der typische Heavy-Metal-Freak. Aber der äußere Schein trügte; innerlich war ich vollständig mit der Musik verbunden. [...] Und ab und zu bin ich auch auf Konzerte gefahren. [...] Nach so einem Hochleistungs-Hüpfmarathon war ich immer klitschnass geschwitzt und durch den ekelhaften Zigarettengestank vollkommen verqualmt. Für mich als Nichtraucher war das besonders unangenehm."
Fassen wir zusammen: Er sah eigentlich ganz normal aus und war Nichtraucher. Das größte Problem an Rockkonzerten ist, dass man danach nach Kippen riecht. Oh mein Gott, zum Glück ist er raus aus diesem Milieu!
"Neben der Musik habe ich viele andere Dinge ausprobiert, zum Teil [...] in enger Verbindung mit der Musik stehen: Judo, Yoga, Tai Chi, Tae Kwon Do, Fantasy-Rollenspiele, Fantasy-Filme, Fantasy-PC-Games."
Endlich spricht es mal jemand aus: Entspannungsgymnastik und "Der kleine Hobbit" führen geradewegs in die Hölle!
"Eine Sache ist mir im Nachhinein aufgefallen. Wie ich meine , wurde sie durch die Musik noch verstärkt oder sogar ausgelöst: eine 'sympathy for the devil', ein Interesse an der und Neugierde auf die finstere Seite der Macht [...]"
Offensichtliche Symptome der Jesusliebe scheinen im Gegenzug ein unkonventioneller Satzbau und eine deutliche Englischschwäche zu sein.
"Zum Glück hat mich, bevor ich in Satans Armee ganz groß rausgekommen wäre, jemand anderes in seine Armee abgeworben. [...] Und zwar ist es Jesus Christus."
Tja, das war dann wohl auch der traurige Moment, als er sich von jemand anderem sagen ließ, welche Musik er zu hören habe. Das wahrscheinlich der Großteil der oben aufgezählten Bands selber Christen sind, ihre Texten mitnichten Satan verehren, man folglich wahrscheinlich sogar Metalfan UND Christ sein kann, das alles hat er leider nicht bedacht.

Ebensowenig wie der Tatsache, dass Jesus nichts mit den "Soulsavern" zu tun haben wollen würde.

Hingesehen: Sommermädchen 2009

Konzept
Einige junge Damen mit Namen wie "knackige Kiki" und dem gesammelten IQ eines Roggenmischbrots stellen sich dem ultimativen Wettbewerb. Sie alle haben die Chance das Sommermädchen 2009 zu werden. Toll. Töfte. Toplevel. Konkret bedeutet dies: Sie kommen einmal die FHM und dürfen irgendwelche Bikinitests für die Unterschichten-Nachmittagsberieselung "taff" machen. Doch der Titel ist extrem hart umkämpft, es warten Wettkämpfe wie "Liegestuhlaufbauen" oder "vom Dreier hüpfen".

Was war gut?
Titten.

Was war schlecht?
Titten sind aber eben einfach nicht alles. Allzweckwaffe Charlotte Engelhardt mit ihrer ich-bin-eure-große-Schwester-Masche und ProSieben-Urgestein Steven Gätjen mit seinen Machosprüchen haben offensichtlich keinen Bock und wollen das ganze möglichst schnell hinter sich bringen wollen. So bemühen sie sich auch nicht Spannung aufzubauen. Aber wie soll das auch gehen. Die Protagonisten allesamt hohl und unsympathisch, die Aufgaben banal und die Konflikte, sonst das Salz in jeder Dokusoap-Suppe, fallen äußerst mager aus. Es geht nicht darüber hinaus, dass Anastasia-mit-den-drei-Möpsen (einer davon an der Leine) Angst davor hat, dass ihre Silikonimplantate platzen, wenn sie vom Dreier hüpft.

Und mehr gibt es wirklich nicht zu sagen.

Ergo?
Ein Schwarzes (Sommer-)Loch.

Bild: (c) Chris Ruegge / ProSieben

Random Babbelei: Die Seelenretter (1) - Christliches Guerilla-Marketing

Mit leichtem Sonnenstich und dem relativ großen Vergnügen soeben The Prodigy, Die Toten Hosen und Metallica live gesehen zu haben, verließ ich neulich den Hockenheimring. Mir stand eine nervige Zugfahrt mitten in der Nacht bevor und ich hatte nix zu lesen dabei. Da griff ich doch fröhlich zu, als mir seltsame Leute ein Buch anboten. Hätte mich gleich wundern sollen, dass weder auf das auf mein schnippisch gemeintes "Is das ne Bibel, oder was?" noch auf Ralphs "Ne ne, der Wachturm!" eine Reaktion folgte...

Ich dachte wegen des Designs des Buches eigentlich, dass es sich um irgendeine Promoaktion im Zusammenhang mit "Rock am Ring" handeln würde. Natürlich machte weder der Zeitpunkt (Festival grad gelaufen) noch der Ort (falscher Ring) Sinn, aber wie gesagt Sonnenstich. Als ich dann las, was wirklich auf dem Cover stand, kam mir schon eine erste böse Vermutung.

Okay, offensichtlich also ein Buch über tote Musiker. Gratis? Kann doch nicht mit rechten Dingen zugehen. "Soulsaver" als Verlag klingt auch komisch. Was sagt denn der Klappentext?
"Im Rock-Business liegen Freude und Verzweiflung nahe beieinander. 'Rock im Sarg' enthält Kurzbiografien legendärer Musiker, von denen die meisten leider sehr früh gestorben sind. Jeder Mensch trägt Sehnsüchte und den Wunsch nach erfülltem Leben in sich. Die Stars haben diese Suche viel intensiver und konsequenter ausgelebt und alles daran gesetzt, jeden Moment auszukosten Deshalb kann man anhand ihrer Geschichten viel über das Leben, das Sterben, über uns selbst und über Gott lernen. Bei Jesus kann die rastlose Suche nach erfülltem Leben ein befreiendes Ende finden."
Ja, da war es. Erst in den letzten zwei Sätzen lassen die "Soulsaver" die Katze aus dem Sack, als ob es ihnen peinlich wäre und sie ihre wahre Intention verbergen müssten: Sie wollen mich bekehren! Warum glauben manche Leute immer wieder, ich hätte Bock mich in ihren Glauben mit hineinziehen zu lassen? Und irgendwie scheinen diese Fanatiker, wie gesagt, ja selbst von ihrer Sache überzeugt zu sein, wenn man sich hier (zugegebenermaßen recht unbeholfen) manipulativer Marketingmaßnahmen bedient.

Wem jetzt das eben genannte Wort "Fanatiker" sauer aufstößt: Ich bin keineswegs der Meinung, das alle gläubigen Menschen Fanatiker sind. Ich respektiere das Christentum und eigentlich auch jede andere Religion. Was ich nicht respektiere sind Möchtegern-Christen wie diese, die aus dem tragischen Tod von Pantera-Gitarrist Dimebag Darrell solche Grütze produzieren:
"So war Dimebag eine herzensgute, ehrliche, aufrichtige, mitfühlende und freigiebige Person... verglichen mit seinen Roadies und Bandkollegen. [...] Aber Gottes Messlatte liegt höher. [...] Die Bibel sagt, dass jeder schon durchgefallen ist. Es ist längst zu spät. In der Hinsicht ist der Religiöse dem Metal-Rebell gleich. Was bringt da überhaupt noch jegliches religiöses Bemühen? Nichts. Denn das Ticket in den Himmel bekommst du nicht durch Einhalten von bestimmten Regeln, einengenden Vorgaben oder Gut-Sein. Sondern dadurch, dass du persönlich für dich zu Jesus Christus, dem Sohn Gottes, umkehrst und an ihn glaubst. Gott verlang nicht von dir, an das Christentum zu glauben. Aber er verlangt, an Christus als deinen Herrn zu glauben."
Umkehrschluss: Glaube ich an Jesus, kann ich machen was ich will. Ist das allen ernstes Christentum? Klingt für mich nach gefährlichem Sektengeschwafel. Aber es geht noch schlimmer, wie ihr bald in Teil 2 dieser kleinen Reihe sehen werdet.

Random Babbelei: Späte Genugtuung

Seitdem er meinen asiatischen Stolz mit seltsamen Chinesen-Imitationen (die Art in der man ein "r" und ein "l" ersetzt) verletzte und auch sonst in den Drehpausen eine unmögliche Art bewies, wünschte ich mir, dass er aus dem Fernsehen verschwinden möge. Schön, dass es Gesundheitsfuzzi Hademar Bankhofer endlich so richtig erwischt hat. Gerne zähle ich mich auch zu den "Arschlöchern in Deutschland" wie er sie so eloquent beschimpft...
"Vor zwei Wochen hat Marcus Anhäuser in zwei Artikeln in der „Süddeutschen Zeitung” noch einmal zusammengetragen, wie untrennbar der ehemals beliebte „Experte” Hademar Bankhofer Werbung und scheinbar unabhängige Gesundheitstips miteinander verbunden hat. Man müsste seine Bereitschaft, Werbebotschaften unters Volk zu bringen, bizarr nennen — wäre nicht „geschäftstüchtig” das viel treffendere Wort."
[via Stefan Niggemeier]

Bild: (c) Gesunde Ernährung


Als Digital Native (will sagen: hat seit frühester Kindheit tagtäglich mit Medien zu tun) bewegt sich der Tsuji heutzutage in dem Spannungsfeld aus Anspruch und akuter Verdummungsgefahr. Hier tut er seiner Meinung, über die neuesten Entwicklungen in den Leitmedien kund und versucht schrottig von töfte zu trennen.
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