Zugehört: Slash - Slash

Was habe ich mich auf das Soloalbum von Herrn Hudson gefreut. Die von Santana geklaute Idee mit vielen Gastsängern klang vielversprechend, die Liste las sich gut. Erster kleiner Wermutstropfen war dann, dass Koshi Inabas (von den japanischen Legenden B'z) Song nicht auf der internationalen Version vertreten sein würde. Trotzdem, was sollte mit Ozzy, Lemmy und Dave Grohl schon schiefgehen? Die Antwort: einiges.

Ghost feat. Ian Astbury
Der Opener mit The Cult-Sänger Astbury ist eine kleine Enttäuschung für alle, die gleich mit einem richtigen Kracher gerechnet haben - also vor allem mir. Stattdessen gibt es einen Midtempo-Song mit (natürlich) überaus feiner Gitarrenmelodie, der aber irgendwie mehr danach klingt, als sei Slash bei The Cult eingestiegen anstatt andersherum. Leider fällt Astburys unspektakulärer Gesang dagegen etwas ab, der Chorus reißt einen auch nicht gerade vom Hocker.

Crucify The Dead feat. Ozzy Osbourne
Der Bleifuß wird auch im Song mit Metal-Altmeister Ozzy nicht durchgedrückt, das Tempo wird bis auf den Chorus sogar noch gedrosselt. Die Melodien verleiten diesmal mehr zum Mitsingen - aber Moment, was singe ich denn da überhaupt mit? "We had the same dream | lived life to extreme | a loaded gun jammed by a rose". Okay, wir sind offensichtlich wieder im Rock'n'Roll-Kindergarten gelandet. Axl Rose ist doof, wir haben's verstanden. Abzug in der B-Note.

Beautiful Dangerous feat. Fergie
Überraschung Nr. 1: Der Fergie-Song ist nicht schlecht. Wirklich gut zwar auch nicht, aber immerhin. Die Gute zeigt, dass sie auch ohne nervige Autotuning-Verzerrung ziemlich gut singen kann. Es lässt sich langsam ein generelles Problem dieses Albums feststellen: eine zunehmende Pussyfication. Allzu glattgebügelt ist die Produktion, allzu poppig so manche Melodie - vor allem in diesem Songm, der auch auf einer P!nk-Scheibe stehen könnte. Noch interessanter wäre es sicher gewesen, wenn man Fergie in einem Song à la "Welcome To The Jungle" von der Leine gelassen hätte.

Back From Cali feat. Myles Kennedy
Na, es geht ja doch! Es bleibt zwar beim Midtempo, "Back From Cali" hat trotzdem wesentlich mehr Eier. Myles Kennedy (Alter Bridge) beweist einmal mehr, dass er die absolute Ausnahme unter den aktuellen Rock-Sängern ist. Am wichtigsten: Anstatt sich an aktuelle Hörgewohntheiten bzw. den Hauptaktivitäten der Gastsänger anzubiedern, hat dieser Song diesen typischen Slash-Sound, den ich gerne mehr auf diesem Album gehabt hätte.

Promise feat. Chris Cornell
Wo wir doch vorhin von Pussyfication gesprochen haben, kein Sänger ist dafür wohl mehr stellvertretend als der gute Herr Cornell. Nach großartigen Platten mit Soundgarden und Audioslave hat er sich doch wirklich dazu hinreißen lassen, ein Album zusammen mit Produzentenhure Timbaland aufzunehmen, ein epischer Fehler, logisch. Das scheint auch Chris gemerkt zu haben, unlängst haben sich Soundgarden reformiert und auf "Promise" liefert er eine klasse Leistung ab. Zweiter Gewinnersong!

By The Sword feat. Andrew Stockdale
Mittlerweile habe ich mich damit abgefunden: Schnell wird dieses Album wohl nie werden. "By The Sword" mit Wolfmother-Frontmann Stockdale ist trotzdem der dritte wirklich gute Song. Denn auch hier wird trotz großer Led Zeppelin-Schlagseite Slashs eigene Identität als Songwriter deutlich. Stockdales nöhlender Gesang mag gewöhnungsbedürftig sein, passt hier aber wie der berühmte Arsch auf das Auge - oder so ähnlich.

Gotten feat. Adam Levine
Die Paarung zwischen dem Maroon 5-Fronter und Slash versprach eigentlich Großartiges, Funk-Rock ist eigentlich immer ein Gewinner. Leider ist "Gotten" eine Ballade und zwar nicht gerade die beste. Fünf Minuten plätschert der Song bis auf einen kleinen Gitarrensolo-Ausbruch so vor sich hin, tut keinem weh, reißt aber auch keinen mit.

Doctor Alibi feat. Lemmy Kilmeister
YES, gerade dann als ich dachte, dass die Qualitätskurve wieder nach unten zeigt, kommt Lemmy um die Ecke und endlich wird uns purer Rock'n'Roll um die Ohren gehauen. "Doctor Alibi" ist genau das, was man sich wünscht wenn Lemmy und Slash aufeinander treffen. Schnelles Tempo (!), geiles Solo und mitreißend-röhrender Gesang. We've got another winner!

Watch This feat. Dave Grohl & Duff McKagan
Doppel-YES, hätte nicht gedacht, dass ausgerechnet ein Instrumentaltrack eines der Highlights des Albums ist. Mit dem alten Kameraden Duff am Bass und dem Foo Fighter Grohl an den Drums rockt dieser Song direkt auf die Zwölf und gehört mit zum härtesten Stoff des Albums. Slash beweist eindrucksvoll, warum ein ein Gitarrengott ist. Fett.

I Hold On feat. Kid Rock
Kommen wir zurück zum alten Problem: "I Hold On" ist wieder langsam, zu sanft und Slashs Input erkennt man nur am Solo. Könnte ohne Probleme auch auf Kid Rocks letztem Album stehen. Das ist sicherlich nicht schlecht (mein Fuß wippt schon wohlwollend mit) erwartet habe ich mir von dieser Scheibe trotzdem etwas anderes - und vor allem besseres.

Nothing To Say feat. M. Shadows
Bitte den voherigen Absatz kopieren und "Kid Rock" durch "M. Shadows" ersetzen.

Starlight feat. Myles Kennedy
Zum Glück gibt es noch den Herrn Kennedy, der zu recht als einziger Sänger einen zweiten Songs zugesprochen bekommen hat. "Starlight" ist zwar auch eher eine Ballade, besitzt aber wie schon "Back From Cali" eine eigene Identität. Spätestens jetzt habe ich beschlossen, dass ich mir doch die Alter Bridge-Platten mal besorgen muss.

Saint Is A Sinner Too feat. Rocco DeLuca
Ich habe keine Ahnung wer Rocco DeLuca ist, außer dass er ein Mann ist, den man beim ersten Hören für eine Frau hält. Nach diesem Song habe ich auch keine Lust mehr das nachzurecherchieren. Diese (war ja klar) Ballade ist mit Abstand das schlechteste Lied auf der Platte. Könnte auch von James Blunt sein...

We're All Gonna Die feat. Iggy Pop

Der cool rockende Opener mit dem lässigsten Text des Albums stimmt dann doch noch einmal versöhnlich, auf Iggy ist dann doch Verlass. Trotzdem noch ein kurzer Blick auf die Bonustracks.

Baby Can't Drive feat. Alice Cooper & Nicole Scherzinger (Bonustrack)
Schon bei den ersten Takten kommt die Frage auf: Wieso verdammte Axt ist dieser Song nur ein Bonustrack? Allein die Paarung Alice Cooper und Pussycat-Scherzinger ist genial. Text und Mucke rocken dann auch den Großteil des regulären Albums in Grund und Boden. Geil!

Chains And Shackles feat. Nick Oliveri (Bonustrack)
Auch dieses psychotische Kleinod hätte einen Platz auf dem Album verdient. Stoner Rock-Legende Nick Oliveri darf schreien und fluchen was das Zeug hält und es wird endlich mal der fünfte Gang eingelegt.

Mother Maria feat. Beth Hart (Bonustrack)
Okay, welcher Depp vom Label ist eigentlich dafür verantwortlich, dass die besten Songs als Bonustracks verwurstet wurden? Auf jeden Fall gehört er in die Werkbank eingestimmt, denn auch "Mother Maria" bietet beste Rock-Kost, diesmal mit einem sehr angenehmen, souligen Feeling. Very cool.

Sahara feat. Koshi Inaba (Bonustracks)
"Oh, er singt japanisch, da bekommt der Rest der Welt bestimmt Ohrenschmerzen von. Bloß nicht aufs Album!" Was soll ich sagen? "Sahara" ist ein klasse Song. Heavy, melodisch mit super Leistung von Slash und Koshi. Argh.

Paradise City feat. Fergie & Cypress Hill (Bonustrack)
Als Coverversion des alten Guns N' Roses-Klassikers hat "Paradise City" als einziger verdient, ein Bonustrack zu sein. Sicher ganz nett, kommt aber nicht an das Original heran.

Fazit:
Eine fragwürdige Songauswahl, stellenweise mieser Sound (Sänger werden übertönt) und fehlende Eier, "Slash" versinkt leider im Mittelmaß, das können auch nicht die paar Songs ändern, die auf meinen iPod gewandert sind. Trotzdem gehe ich jetzt erst einmal "Chinese Democracy" anhören...

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Als Digital Native (will sagen: hat seit frühester Kindheit tagtäglich mit Medien zu tun) bewegt sich der Tsuji heutzutage in dem Spannungsfeld aus Anspruch und akuter Verdummungsgefahr. Hier tut er seiner Meinung, über die neuesten Entwicklungen in den Leitmedien kund und versucht schrottig von töfte zu trennen.
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